Wolfsmanagement & Schnellabschussverfahren
Umweltministerkonferenz beschließt Vorschlag für Schnellabschüsse von Wölfen (01.12.23)
Vorab sei folgendes gesagt. Das OVG Lüneburg, Niedersachen bestätigt grundsätzlich ein im April beantragtes Schnellabschussverfahren, hebt aber in seinem Verfahren zum vorläufigen Rechtsschluss nochmals besonders hervor, dass dem Herdenschutz die Zukunft gehört und nur durch konsequenten und effektiven Herdenschutz Wolfsrisse vermieden werden können.
Insofern widerruft es sogar seine Aussage von damals, als es noch der Auffassung gewesen ist, nur durch Abschuss von Problemwölfen können Wolfsrisse verhindert werden.
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Bundesumweltministerin Steffi Lemke hatte Anfang Oktober Vorschläge vorgelegt, die in den betroffenen Regionen Schnellabschüsse ermöglichen. Die Umweltministerkonferenz der Länder ist diesem Vorschlag gefolgt und hat hierzu am 1. Dezember ihren Beschluss gefasst.
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Bundesumweltministerin Steffi Lemke: "Die Umweltministerkonferenz in Münster endet mit einem großen Erfolg: Wir haben gemeinsam eine Regelung beschlossen, die es bundesweit möglich macht, Wölfe nach Rissen auf Weidetiere schnell und unkompliziert abzuschießen. Diese Schnellabschüsse sind unbürokratisch und praktikabel umsetzbar. Langwierige Gesetzesänderungen auf nationaler oder europäischer Ebene sind dafür nicht nötig. Die EU-Kommission hat uns in einem Schreiben bestätigt, dass unser Vorschlag dem europäischen Artenschutzrecht entspricht und so umgesetzt werden kann. Die Umweltministerkonferenz trägt mit dieser Lösung den Sorgen der betroffenen Weidetierhalter*innen gemeinsam Rechnung und gibt ihnen mehr Schutz und Sicherheit.
Die Debatte über den Wolf wird in Deutschland oft emotional geführt: Dass der Umweltministerkonferenz heute diese Balance von Wildtier- und Weidetierschutz einstimmig gelingt, sendet ein wichtiges Signal der Versöhnung.
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"Für mich stellen sich jetzt zwei Fragen. Zum Einen warum ein Schnellabschuss eines besonders geschützten Wildtieres eine Versöhnung darstellen sollte und zum Anderen was stellt daran eine Balance zwischen Wildtier- und Weideschutz dar?"
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Weiter heißt es:
UMK bestätigt unkomplizierte Schnellabschüsse
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Die Umweltministerinnen und Umweltminister der Länder beschließen eine Änderung des Praxisleitfadens Wolf und überführen damit den Vorschlag der Bundesumweltministerin aus der Beratung der Bund-Länder Arbeitsgruppen für Schnellabschüsse in Regionen mit erhöhtem Rissvorkommen direkt in die Praxis. Der Vorschlag fußt dabei auf einer neuen Auslegung des geltenden Rechts, die sich aus wissenschaftlichen Erkenntnissen ableitet. Langwierige Gesetzesänderungen auf nationaler oder europäischer Ebene sind nicht nötig.
Der Beschluss sieht Folgendes vor:
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Zukünftig ist in Gebieten mit erhöhtem Rissaufkommen bereits nach erstmaligem Überwinden des zumutbaren Herdenschutzes und dem Riss von Weidetieren durch einen Wolf eine Abschussgenehmigung möglich. Diese soll zeitlich für einen Zeitraum von 21 Tagen nach dem Rissereignis gelten und die Entnahme im Umkreis von bis zu 1.000 Metern um die betroffene Weide im betroffenen Gebiet zulassen.
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Gebiete mit erhöhtem Rissaufkommen werden von den Ländern festgesetzt. Sie können sich zum Beispiel an Wolfsterritorien, naturräumlichen Gebieten oder raumordnerischen (zum Beispiel kommunalen) Grenzen orientieren. So ermöglicht die Regelung ein regional differenziertes Wolfsmanagement bei vermehrtem Auftreten von Übergriffen auf geschützte Tiere.
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Praxistauglich: Eine genetische Individualisierung des schadensstiftenden Wolfs vor der Abschussgenehmigung kann entfallen. Die zuständige Behörde entscheidet auf Basis aller Indizien und Fachkenntnisse über die Eindeutigkeit eines Wolfs als Verursacher der Risse.
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Eine schnellere Genehmigungspraxis wird zukünftig auch durch die Erarbeitung weiterer Best-Practice-Instrumente wie zum Beispiel Musterbescheide unterstützt werden. Dazu wird die gute Zusammenarbeit in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Wolf fortgesetzt.
Hier ein Verfahren im Bezug auf Schnellabschussverfahren mit der Entscheidung des VG Oldenburg:
Verwaltungsgericht Oldenburg untersagt Abschuss von Wolf:
Stand: 05.04.2024 19:35 Uhr
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Stopp für den Schnellabschuss eines Wolfes in Niedersachsen:
Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Oldenburg hat mit Beschluss vom 5. April 2024 (Az. 5 B 969/24) einem vorläufigen Rechtsschutzantrag der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe e.V. stattgegeben.
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Das Verwaltungsgericht Oldenburg zweifelt an der Rechtmäßigkeit der Genehmigung und hat den umstrittenen Abschuss eines Wolfes untersagt.
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Damit gaben die Richterinnen und Richter am Freitag einem vorläufigen Rechtsschutzantrag der "Gesellschaft zum Schutz der Wölfe" statt, wie das Gericht mitteilte. Die Richter bezweifeln die Rechtmäßigkeit der kürzlich neu gefassten Abschussregelung des Landes: Während bislang nach einem Wolfsriss eine DNA-Analyse abgewartet werden musste und nur der Wolf zum Abschuss freigegeben wurde, der das Weidetier gerissen hatte, muss bei einem Schnellabschuss nicht mehr die Identität des Tieres nachgewiesen werden. Die vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) erteilte Schnellabschusserlaubnis sei nach Ansicht der Oldenburger Richter in dieser Hinsicht mit Blick auf das Bundesnaturschutzgesetz unzulässig, teilte das Gericht mit. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, eine Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg ist möglich.
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Den Rechtsstreit hatte der Riss eines Rindes bei Hannover ausgelöst. In dem Gebiet waren seit 2023 mehrfach Rinder von Wölfen getötet worden. Mit diesem Umstand begründet das Ministerium das erstmals angewandte Schnellverfahren zum Abschuss von einem Wolf. Das getötete Rind war nach früheren Angaben des Ministeriums Teil einer Herde mit rund 30 erwachsenen Heckrindern und einem Jungbullen. Heckrinder gelten laut Ministerium als sehr robust.
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Zuvor hatte das Land Niedersachsen die Genehmigung zum Abschuss eines Wolfs in der Region Hannover ausgesetzt, nachdem das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg auf Basis mehrerer Eilanträge dazu geraten hatte.
Das VG Oldenburg stellte in seiner Begründung 3 wichtige Punkte klar:
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- Bei jedem Abschussverfahren müssen die Naturschutzverbände beteiligt werden. Wenn dies nicht möglich ist,
müssen diese zeitnah in Kenntnis gesetzt werden, um diesen eine Chance zu geben sofort reagieren zu können.
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- Des weiteren bedarf es bei jedem Abschussverfahren einer umfassenden Einzelfallprüfung -> Schadensprognose
und ein ernsthafter wirtschaftlicher Schaden durch Wolfsriss sind zu prüfen.
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- Dem Weidetierhalter müssen zumutbare Alternativen im Bereich Herdenschutz aufgezeigt werden. D.h. eine Herde Rinder/Pferde alleine schützt die Tiere nicht vor einem Wolfsriss.
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Des weiteren wurde festgehalten, dass bei Ausnahmegenehmigungen nur entnommen werden darf, wenn es sich hochwahrscheinlich um den Schadwolf handelt. Es muss jedoch keine 100%ige Sicherheit bestehen.
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Des weiteren ist zu berücksichtigen, dass es sich auch um durch einen sog. Wanderwolf verursachten Riss handeln kann.
Eigentlich sollten die angestrebten Schnellabschussverfahren vor dem VG Oldenburg und dem OVG Lüneburg als eine Art Testlauf für den Vorschlag der Umweltministerkonferenz von November 2023 genutzt werden.
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Dies ging dann wohl mal nach hinten los, denn das Fazit ist und bleibt:
Dem Herdenschutz gehört die Zukunft.
In den folgenden Bundesländern wurde der Wolf ins Jagdrecht mit aufgenommen Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Sachsen.
Auch eine Aufnahme ins Bundesjagdgesetzt der einzelnen Länder spielt eher dem Wolf als Wildtier in die Karten, denn wie es in § 22 Abs (4) des Bundesjagdgesetzes heißt:
Bundesjagdgesetz
§ 22 Jagd- und Schonzeiten
(4) In den Setz- und Brutzeiten dürfen bis zum Selbständigwerden der Jungtiere die für die Aufzucht notwendigen Elterntiere, auch die von Wild ohne Schonzeit, nicht bejagt werden.
Denn sind Wölfe wie in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Sachsen im Jagdrecht aufgenommen, gilt für diese genau das selbe Recht wie für andere Wildtiere. Keine Bejagung in Setz- und Brutzeiten. Nimmt man es noch genauer, keine Bejagung ab Beginn der Ranzzeit, denn eine trächtige Fähe darf ebenfalls nicht bejagt werden.
Hier der Link zur Folge im Wolfspodcast
mit Sabine Sebald und Matthias Kays
& dem Gast Jurist Björn Sepke, Mitglied des Vorstands der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe