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Wildtiere in der Stadt - Konflikte zwischen Mensch und Tier

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Menschliche Siedlungsräume bieten eine Vielzahl an verschiedenen Strukturen, die natürlichen Wildtierhabitaten ähneln: Gebäude bieten fels- und höhlenartige Strukturen, waldartige Strukturen finden sich in Parks und Gärten mit alten Baumbeständen, ruderale Lebensräume finden sich auf Parkplätzen und Schotterflächen, offene Rohböden in Gärten und auf Baustellen, städtische Gewässer und Gartenteiche bieten Lebensraumstrukturen, die natürlichen Wasserlebensräumen ähneln.

Städte und Dörfer bieten nicht nur Menschen komfortablen Lebensraum, sondern auch einer Vielzahl von Wildtieren. Urbane Gebiete können sogar eine größere Artenvielfalt aufweisen als das Umland. Menschliche Siedlungen sind reich an Strukturen (siehe Abbildung), bieten ganzjährig ein vielfältiges Nahrungsangebot und haben ein milderes Klima als natürliche Lebensräume. Vor allem Städte sind um einige Grad wärmer als ihr Umland. Viele Wildtiere finden hier gute Lebensbedingungen: Sie nutzen unsere Gebäude als Ruheplätze, für die Jungenaufzucht und zur Überwinterung. Die Nähe der Menschen können sie tolerieren: Die meisten stellen für sie keine Gefahr dar, denn Jagd findet im befriedeten Bezirk nicht statt. Es sind also nicht nur die vielfältigen Ressourcen, die Wildtiere in die Nähe des Menschen ziehen. Auch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen begünstigen das Auftreten von Wildtieren in Städten und Dörfern.

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Ein Stadttier ist kein Landtier: Anpassungen im Wildtierverhalten an den neuen Lebensraum

Ein entscheidender Faktor, der den Lebensraum „menschliche Siedlung“ für Wildtiere besonders interessant macht, ist neben der Strukturvielfalt die hohe Verfügbarkeit an Nahrung. Einige Bürger füttern Wildtiere aktiv, aber auch durch passive Fütterung, wie für Wildtiere offen zugänglicher Abfall, für Wildtiere erreichbares Haustierfutter, weggeworfene Essensreste oder offene Komposthaufen, besteht im städtischen Umfeld ein ganzjähriges hochenergetisches Nahrungsangebot. Der Nahrungsinput für Wildtiere im Siedlungsraum ist entsprechend hoch. Die menschliche Präsenz zum einen und der Ressourcenreichtum zum anderen führen dazu, dass sich Wildtiere im Siedlungsraum anders verhalten, als wir es von ihren Artgenossen im ländlichen Raum gewohnt sind.

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• Einige Wildtierarten nutzen kleinere Streifgebiete im Siedlungsraum als ihre Artgenossen in ländlichen Gebieten. Dies hat zur Folge, dass diese Arten in Siedlungen in größeren Dichten auftreten können. Erklären lässt sich das mit dem guten Ressourcenangebot. Um satt zu werden und Unterschlupf zu finden, kommt das Wildtier mit weniger Fläche aus. Vice versa bedeutet dies, dass die Tragfähigkeit pro Flächeneinheit in Städten für manche Arten größer ist als im Umland (Beispiele: Fuchs und Dachs – siehe Bild 3). • Bei einigen als territorial geltenden Wildtierarten wie Fuchs und Waschbär verwischen die Reviergrenzen im Siedlungsraum. Auch diese Tatsache liegt im hohen Nahrungsangebot begründet. Ist immer genügend Nahrung für alle vorhanden, besteht kein Grund, sich darum zu streiten. • Um den Reichtum an Ressourcen im Siedlungsraum nutzen zu können, müssen sich Wildtiere mit der Nähe zu Menschen arrangieren. Eine Vielzahl an Arten zeigt im Siedlungsraum eine geringere Fluchtdistanz und somit höhere Toleranz gegenüber Menschen als ihre ländlichen Artgenossen (siehe Bild 4+5). Andere Arten verlagern ihre Aktivitätszeiten von der Dämmerung in die Nacht, um den Menschen aus dem Weg zu gehen.

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Bild 3

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Bild 4 + 5

Der gesellschaftliche Kontext und Mensch-Wildtier-Konflikte Heute kann sich eine Vielzahl an Wildtierpopulationen in unseren Städten und Dörfern etablieren, auch weil wir, anders als frühere Generationen, dies zulassen. Mit steigender Urbanisierung und Modernisierung einer Gesellschaft geht ein Wandel in der soziokulturellen Landschaft einher.

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Werteorientierungen verändern sich von Wildtiere werden als Ressource gesehen hin zu Vorstellungen, bei denen Wildtieren eine dem Menschen gleichwertige Existenz zugestanden wird

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Bild 6

In einer urbanen Gesellschaft wollen längst nicht alle das Gleiche. Die Bürger haben die unterschiedlichsten, teils gegensätzliche Einstellungen zu Wildtieren. Die einen füttern Wildtiere, um sie beobachten zu können, für die anderen gehören Wildtiere ausschließlich in den Wald, Dritte wiederum fürchten sich vor Wildtieren.

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Ob Wildtiere im Siedlungsraum von der Bevölkerung akzeptiert werden, hängt stark davon ab, wie und wo Mensch und Wildtier Kontakt haben (siehe Bild 6).

 

Zudem fehlen besonders in urbanen Gesellschaften der Bezug zur Natur und die Kenntnis über Tiere und Pflanzen.

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Der früher zumindest auf dem Land routinierte Umgang mit Wildtieren ist vielfach verloren gegangen.

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Stattdessen häufen sich Fälle unsachgemäßen Umgangs mit Wildtieren wie Fütterung oder das Bedürfnis, Wildtiere zu berühren, ebenso wie eine übertriebene Risikowahrnehmung und daraus resultierende Ängste. Gleichzeitig bieten Wildtiere im Siedlungsraum eine große Chance, die Bevölkerung wieder näher an die Natur heranzuführen. Für die Praxis bedeutet dies, dass der Kommunikation und Aufklärung ein besonderer Stellenwert im Wildtiermanagement im Siedlungsraum zukommt. Mensch-Wildtier-Konflikte unterscheiden sich je nach Wildtierart (siehe Tabelle 1). Während Füchse nur geringe ökonomische Schäden verursachen, spielen hier sowohl der psychologische Faktor als auch der Gesundheitsaspekt eine wichtige Rolle. Im Gegensatz dazu können Wildschweine massive Schäden an Grünflächen und Gärten verursachen (siehe Bild 7).

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Bild 7

Jagdrecht:

 

Städte und Ortschaften bzw. deren befriedete Bezirke nach § 13 des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes Baden-Württemberg (JWMG) gelten als Bereiche, in denen die Jagd ruht. Der befriedete Bezirk ist in Baden-Württemberg in der Regel einem Jagdrevier zugeordnet. Die Jagd darf hier aber nur mit behördlicher Genehmigung unter gewissen Voraussetzungen ausgeübt werden. Treten im befriedeten Bezirk Konflikte zwischen Menschen und Wildtieren auf, die sich nicht durch Beratung oder präventive Maßnahmen beheben lassen, kann die untere Jagdbehörde den Einsatz von jagdlichen Mitteln unter gewissen Voraussetzungen zulassen. Dies trifft beispielsweise zu, wenn schwer verletzte Wildtiere von ihren Leiden erlöst werden müssen oder die öffentliche Sicherheit und Ordnung betroffen ist. Ein wichtiger Aspekt ist dann, welcher Personenkreis jagdliche Mittel einsetzen und anwenden darf. Hier bietet das JWMG von speziell qualifizierten Stadtjägerinnen und Stadtjägern bis hin zur beauftragten Jägerin bzw. zum beauftragten Jäger verschiedene Varianten an, um der Gemeinde und den betroffenen Bürgern fachgerechte und rechtssichere Hilfe anzubieten.

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Befriedete Bezirke:

 

Zu den befriedeten Bezirken zählen vor allem Gebäude, die zum Aufenthalt von Menschen dienen, und Gebäude, die mit diesen räumlich zusammenhängen. Hofräume und Hausgärten, die an Wohngebäude angrenzen und umfriedet sind, zählen ebenso dazu wie Friedhöfe (§ 13 Abs. 2 JWMG). Nicht befriedet können demzufolge beispielsweise einzeln im Offenland liegende Getreidelager, Silos oder Unterstände für Vieh sein, da diese nicht unmittelbar zum Aufenthalt von Menschen dienen. Weitere Grundflächen kann die untere Jagdbehörde durch Anordnung ganz oder teilweise befrieden. Dazu zählen unter anderem Grundflächen im Gebiet eines Bebauungsplanes oder innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile, öffentliche Parks, Grünflächen und Bestattungswälder. Öffentliche Anlagen und Grundflächen, die durch Einzäunung oder auf andere Weise gegen den Zutritt von Menschen abgeschlossen und deren Zugänge absperrbar sind, können ebenfalls befriedet werden. Wildparks, Wildfarmen, Tiergärten und Tierparks fallen ebenfalls unter diese Regelung (§ 13 Abs. 3 JWMG).

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Welche Flächen im Siedlungsraum gehören zum befriedeten Bezirk?

 

Befriedete Bezirke von Städten und Ortschaften sind Bereiche, in denen die Jagd ruht. Dies trifft aber nicht zwingend auf alle Grundflächen im Siedlungsraum zu. Somit existieren innerhalb der Siedlungsräume von Städten und Ortschaften Grundflächen, die per Gesetz befriedet sind (§ 13 Abs. 2 JWMG), und Flächen, die befriedet werden können (§ 13 Abs. 3 JWMG). Hinzu kommen Flächen, die aus dem Umland in den Siedlungsraum hineinreichen, diesen durchschneiden oder an diesen angrenzen. Diese Flächen sind in der Regel dem örtlichen Jagdrevier zugeordnet, in dem die Jagd generell ausgeübt werden darf (§ 3 JWMG).

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Wildtier-Einmaleins für Bürger:

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