Der Wolf als Chance
"Wir leben im größten von Menschen gemachten
Artensterben der Geschichte."
Viele Arten sind schon ausgestorben, 40% aller noch lebenden Arten sind bestandsgefährdet, 40% der Vögel, 70% der Reptilien, 50% der Amphibien, die Biomasse der Insekten ist um 75% zurückgegangen. Auch sind 30% der Pflanzen im Bestand gefährdet, viele schon ausgestorben. Mit Hochgeschwindigkeit steuern wir wissend auf eine Katastrophe zu.
Arten- und funktionsreiche Ökosysteme können viel zur Minderung des Klimawandels beitragen.
(Foto: Anastasiya Sultanova, KIT)
Auszug aus der Presseinformation des KIT
Presseinformation 029/2023
Der Klimawandel hat zusammen mit dem intensiven Nutzen und Zerstören natürlicher Ökosysteme einen beispiellosen, fortschreitenden Artenschwund ausgelöst. Häufig werden die Klima- und die Biodiversitätskrise aber wie getrennte Katastrophen behandelt. Ein internationales Team aus Forschenden, an dem auch das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) beteiligt ist, fordert nun ein Umdenken: In ihrer im Fachmagazin Science veröffentlichten Übersichtsstudie betonen sie die Dringlichkeit, möglichst nahe am 1,5-Grad-Ziel zu bleiben, und unterstützen unter anderem das Vorhaben, mindestens 30 Prozent der Land-, Süßwasser- und Ozeanflächen unter Schutz zu stellen.
​
Die menschengemachte Klimakrise hat Folgen für den ganzen Planeten – beispielsweise verschiebt sich die Verteilung von Niederschlägen, der globale Meeresspiegel steigt, Extremwetterereignisse werden häufiger und die Ozeane versauern zunehmend. Zugleich schreitet der Verlust von Tier- und Pflanzenarten weltweit voran.
​
​
„Wir müssen Klima- und Artenschutz zwingend zusammen denken. Denn Maßnahmen, die sich beispielsweise allein auf den Klimaschutz konzentrieren, können sich durchaus auch negativ auf die Biodiversität auswirken“
​
sagt Professorin Almut Arneth vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung – Atmosphärische Umweltforschung, dem Campus Alpin des KIT in Garmisch-Partenkirchen, und Mitautorin der Studie. „Beide Systeme funktionieren nur zusammen. Gesunde arten- und funktionsreiche Ökosysteme etwa tragen viel zur Minderung des Klimawandels bei.“
​
Laut der Übersichtsstudie haben menschliche Aktivitäten rund 75 Prozent der Landoberfläche und 66 Prozent der Ozeangebiete der Erde stark verändert. Durch Zerstörung von Lebensräumen und Übernutzung sind mehr Arten vom Aussterben bedroht als jemals zuvor in der Geschichte der Menschheit, was durch den Klimawandel weiter verstärkt wird. Die Erwärmung und die Zerstörung natürlicher Lebensräume reduzierten auch die Speicherkapazitäten von Organismen, Böden und Sedimenten für Kohlenstoff, was wiederum die Klimakrise verschärfe, so die Forschenden. Weil Organismen bestimmte Toleranzfenster für Umweltbedingungen wie die Temperatur haben, verschieben sich infolge der globalen Erwärmung die Lebensräume der Arten oder sie verschwinden ganz.
"Renaturierung mindert Artensterben und bindet CO2"
Um der Klima- und Biodiversitätskrise zu begegnen, schlagen die Forschenden ein Aktionspaket aus Emissionsreduktion, Renaturierungs- und Schutzmaßnahmen, intelligentem Management von Nutzflächen sowie institutionsübergreifenden Kompetenzen in der Politik vor.
​
Weiterhin sagt das KIT: Die Studienautorinnen und -autoren schlagen vor, Schutzgebiete nicht als isolierte Rettungsinseln für Artenvielfalt zu begreifen, sondern als Teil eines Netzwerks, das Gebiete mit naturnaher Wildnis über Migrationskorridore miteinander verbindet. Dabei gelte es, vor allem indigene Gesellschaften in das Schutzmanagement einzubinden und staatlich zu unterstützen.
"Damit die für 2030 und 2050 geplanten globalen Biodiversitäts-, Klima- und Nachhaltigkeitsziele erreicht werden können, müssen bei allen Maßnahmen Klimaschutz, Biodiversitätserhalt und soziale Vorteile für die lokale Bevölkerung zusammengedacht werden, so das Fazit der Studie."
Die EU-Biodiversitätsstrategie (s.a. www.naturdigital.online/naturschutzgebiete ), bzw. die in der von der Jagdlobby zerschlagenen Erstfassung, mit mindestens 10% der Landfläche “besonders geschützt” auszuweisen, also ohne Forstwirtschaft, Bergbau, Fischerei und eben ohne Jagd, sind aus Sicht der Wissenschaft der richtige Weg.
Laut einer Studie des Karlsruher Instituts KIT könnte eine Renaturierung der deutschen Flächen von nur 15% reichen, um 60% des Artensterbens zu verhindern. Das zeigt deutlich, dass wir so wie bisher nicht weitermachen sollten, dass wir die Chance für nachfolgende Generationen, für unsere Kinder und Kindeskinder nutzen sollten, und es zeigt, dass Renaturierung/Rewilding der richtige Weg wäre und selbstverständlich auch in der Kulturlandschaft funktioniert.
Viele natürliche Wildtierbestände unserer Landschaften wären sehr viel kleiner, wenn nicht gejagt werden würde, bzw. nicht auf dieser unserer menschlichen Art gejagt werden würde, die bewusst gesteuerte Hobbyjagd führt zu immer größerer Populationsdynamik. Das System, immer mehr Jäger und immer mehr Wildtiere/Jagdstrecke, wird zwangsläufig irgendwann kollabieren, was den derzeitigen monetären Gewinnern offenbar völlig egal ist.
​
Besonders interessant ist, dass die Jagdstrecken in Wolfsgebieten kleiner werden und der Wolf dafür verurteilt wird. Warum? Sollte der gewissenhafte echte Naturschützer sich nicht darüber freuen, dass aus seiner Sicht weniger geschossen werden muss? 14% weniger Schalenwild sollen es in den Jagdstrecken der Wolfsgebiete sein (s. Anlage rbb24). Da wo der Wolf ist, versucht sich die Natur lediglich in den Kopfzahlen der Wildtiere auf ein natürliches Niveau zu nivellieren, sich gemäß der Umweltkapazität, also der Naturgesetze anzupassen, das heißt zurück auf die Stückzahlen natürlicher Grundlagen zu kommen.
​
​
Wölfe, also “Problemwölfe”, so heißt es oft in den Medien, werden entnommen, also getötet, die Jägerschaft unterstützt das Bild mit aller Kraft und allen Mitteln, um den Wirtschaftszweig Jagd zu erhalten.
​
Es gibt Spezialisten, die Wölfe beispielsweise zum Besendern lebend einfangen, dann der Natur mit Funkhalsband unbeschadet wieder übergeben. Die “saubere” Selektion wäre also auch bei sogenannten “Problemwölfen” durchaus möglich, zumal man dann exakt eben nur den angeblichen “Problem”wolf erwischt, bzw. zweifellos genetisch ausgemacht hat. So aber werden mit einem juristischen Persilschein oft gleich mehrere Wölfe erschossen, bis es dann den zur Tötung ausgeschriebenen Wolf irgendwann erwischt hat. So lassen sich gleich mehrere Wölfe juristisch haltbar erschießen, moralisch und ethisch aber sehr verwerflich.
​
​
"Auch biologisch ist es oft unverantwortlich, da wichtige soziale Strukturen vernichtet werden, beispielsweise auch Erfahrungen älterer Wölfe rausgeschossen werden."
In unseren Ländern reicht es leider, Wölfe, die Risse verursacht haben, dafür völlig allein verantwortlich zu machen, Weidetiere getötet zu haben, obgleich ein Herdenschutz nicht oder nur mangelhaft gegeben war. Mit Unterstützung der Presse, insbesondere der #Homeofficejournalisten, ist der Schuldige meist schnell und ungeprüft gefunden und/oder vorverurteilt, die Medien können dann offensichtlich den heute wichtigen “Klicks” nicht widerstehen.
​
Die Wölfe aber töten um zu überleben, sie wurden von Mutter Natur dazu vorgesehen, sie haben die Aufgabe übertragen bekommen für eine genetische Fitness in den Beutetieren zu sorgen. Wildtierbestände vital zu halten. Da der Wolf den Gesundheitszustand seiner Beute prüft, indem er sie “anjagt”, selektiert er vermehrt die schwächsten Individuen seiner Beutetiere, also junge, alte oder kranke. Kurzfristig steigert sich so die Fitness der Beutetierpopulationen. Langfristitg wirkt sich das positiv auf die evolutionäre Entwicklung dieser Arten aus.
"sie haben die Aufgabe übertragen bekommen für eine genetische Fitness in den Beutetieren zu sorgen."
Der Mensch sieht sich heute als Spitzenprädator, tatsächlich ist er das aber nicht von Natur aus, sondern erst seit der Erfindung seiner Waffen, zuvor waren wir über Jahrmillionen ähnlich der Affen keine Prädatoren, meist vegetarisch unterwegs nur gelegentlich Fleischfresser, also sogenannte Allesfresser.
​
Die Hälfte der einst jagbaren Tierarten sind so im letzten Jahrhundert mit höchst intensiver Bejagung bzw. deren waidmännischen Hege & Pflege ausgestorben oder stehen auf der Roten Liste (zB. Elch, Wisent, Luchs, Wildkatze, Fischotter, Auer-, Birk-, Reb-, Haselhuhn, Großtrappe, Adler, Falken). So gesehen hat die Jagd, die heutige Hobbyjagd, hat das System, doch vollständig versagt.
​
Von den Säugetierarten, die dem Jagdrecht unterliegen und auch bejagt werden, befinden sich drei schon wieder auf der ‘Vorwarnliste’, nämlich Wildkaninchen, Baummarder und Gämse. Der Iltis muss deutschlandweit erstmals als ‘gefährdet’ eingestuft werden. Der Feldhase (Lepus europaeus), dessen Situation sich in Deutschland nicht verbessert hat, wird weiterhin als ‘gefährdet’ eingestuft.
​
Die heutige Jagd zerstört das normale soziale Zusammenleben der Wildtiere, das ökologische Gleichgewicht, ihre natürlichen Verhaltensweisen, Familienstrukturen und Sozialverbände, Benutzung von Bauten und Verstecken, Wechsel von Tag zur Nachtaktivität (Nutzung Nachtsichtgeräte), verstärkte Abwanderung in nicht bejagte Siedlungsgebiete, unnatürliche Tierkonzentrationen in den Wäldern usw. Auch verlängert sich die Fluchtdistanz zunehmend, eine Tierbeobachtung wird immer schwieriger.
​
Die Hobbyjagd, so wie diese heute betrieben wird, steht immer mehr in der Kritik. Sie ist ethisch, aber auch biologisch, ökologisch, sehr fragwürdig und nach Ansicht von namhaften Forschern auch ökologisch und ökonomisch kontraproduktiv. Dringend sollten wir unsere Chancen gemeinsam nutzen und die Natur nicht dieser Minderheit allein überlassen. Mit dem Wolf kommt die größte Chance, er ist der wahre Profi, der saubere Jäger!
"Mit dem Wolf kommt die größte Chance, er ist der wahre Profi, der saubere Jäger!"
Den vollständigen Artikel über "Der Wolf ist unsere Chance" findet ihr bei:
Der Wolf als Teil des Ökosystems
Die Rückkehr des Wolfes wird für das Ökosystem von grossem Vorteil sein. Es ist erwiesen, dass Wölfe aktiv dazu beitragen, dass Wildbestände vitaler werden und Ökosysteme natürlich im Gleichgewicht gehalten werden. Durch die Rückkehr des Wolfes und dessen natürlich regulierende Einwirkung auf den Wildbestand, verändert sich auch das Verhalten der Hirsche und Rehe. Sie werden vitaler, wandern mehr umher und fressen nicht immer an denselben Orten die jungen, frischen Triebe ab. Dies verringert die übermässig grossen Wildschäden am Wald und der Vegetation. Die Vegetation hat mehr Zeit um wieder nachzuwachsen und die Schutzwälder können sich besser und rascher verjüngen. Dadurch werden Erosion und damit Erdrutsche, Lawinen und Hochwasser auf natürliche Weise verhindert und davon profitieren auch die Lebensgemeinschaften von Insekten, Fischen, Vögeln über Biber bis hin zum Menschen.
​
Im Gegensatz zum menschlichen Jäger, der ein erlegtes Tier immer aus dem Wald nimmt und keiner sonst davon profitieren kann, frisst der Wolf meist nicht die gesamte Beute auf einmal. Die verstreuten Kadaverteile bedeuten für viele Aasfresser eine lebenswichtige Nahrungsquelle und bilden somit für viele Organismen notwendige ökologische Nischen. Mit der Anwesenheit des Wolfes wird das Nahrungsnetz grösser, da die Nutzniesser wiederum eine Nahrungsgrundlage für andere Tiere darstellen. Auch werden viele Destruenten (Bakterien, Pilze, Würmer) das restliche Aas zersetzen und aus dem toten Material wieder anorganische Stoffe (sehr nährstoffreiche Erde) erzeugen, die wiederum eine Grundlage für viele Pflanzen ist.
​
Ökologische Nahrungskaskade am stark vereinfachten Beispiel Wolf-Wild-Pflanzen
(Bottom Up und Top Down Effekte in Ökosystemen)
Situation A ohne Wolf:
​
-
Der Wildbestand ist sehr hoch und schadet der Vegetation
-
Die Nahrung wird für viele Pflanzenfresser knapp
-
Das Wild muss durch menschliche Jagd reguliert werden
Situation B mit Wolf:
​
-
Der Wildbestand wird natürlich reguliert, die Population wird kleiner und verteilt sich besser
-
Der Wildbestand wird gesünder und vitaler
-
Die Vegetation kann sich erholen und bietet genügend Nahrung für viele Pflanzenfresser
-
Die Biodiversität vergrössert sich
-
Langfristiges ökologisches Gleichgewicht
Die Graphik zeigt ebenfalls die Asymmetrie der Effekte. Der Druck Top Down (Nahrungsbeschaffung) ist immer stärker als Bottom Up.
Erwiesenermaßen halten Flexible Räuber Ökosysteme im Gleichgewicht
​
Wissenschaftler aus Deutschland, Österreich und den USA haben mithilfe von Computersimulationen fundamentale Gesetzmässigkeiten für die Stabilität von Nahrungsketten aufgedeckt, die die Stabilität von Ökosystemen mitbestimmen.
Nahrungsnetze sind demnach stabiler, wenn Raubtierarten an der Spitze der Nahrungskette sich von verschiedenen Beutetieren ernähren und Beutearten in der Mitte der Nahrungskette vielen Räubern ausgesetzt sind.
Räuber-Beute-System
In Regionen, wo der Wolf neu auftaucht, wird der Wildbestand zu Beginn etwas verringert. Nach einer gewissen Zeit pendelt sich dieser auf einem neuen, stabilen Niveau ein. Es besteht keine Gefahr, dass der Wildbestand durch die Wölfe ausgerottet wird. Räuber und Beutetiere haben untereinander eine Beziehung und beeinflussen gegenseitig ihren Bestand.
Kommt ein Räuber sehr häufig vor, so frisst er entsprechend mehr Beutetiere, was zur Reduktion der Beutepopulation führt. Dies führt dazu, dass der Räuber (Wolf) zu wenig Nahrung für das ganze Rudel zur Verfügung hat. Ein schlechter Ernährungszustand führt wiederum zu geringerer Nachkommenszahl und grösserer Welpensterblichkeit. Die Populationsgrösse der Wölfe nimmt ab. Dies führt dann in der Folge dazu, dass sich der Wildbestand erholen kann und die Populationsgrösse wieder ansteigt usw. Es besteht also ein natürlicher Regelungsprozess.
​
Lebensraum und Tiere bilden ein kompliziertes Gefüge, das sich wechselseitig beeinflusst und damit reguliert. Durch gegenseitigen Wettbewerb, durch ständigen Zu- und Abgang von Individuen und durch Abhängigkeitsverhältnisse der Arten untereinander kommt es in einer Lebensgemeinschaft zu einem dynamischen biologischen Gleichgewicht.
Je mehr Arten in einem Lebensraum vorhanden sind, desto stabiler ist das Gefüge. Systeme mit geringer Artenvielfalt sind anfälliger auf Verluste einzelner Arten.
Das Verschwinden auch nur einer einzigen Art kann das Gleichgewicht des ganzen Systems gefährden.
Sehr empfehlenswert zum Thema Wolf:
Der Wolfspodcast ist eine Produktion von Sabine Sebald