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Wildnispädagogik, Spuren- & Fährtenlesen

Strukturreicher Wald.jpg

Rückkehrer der Artenvielfalt:

Mittlerweile beschäftige ich mich schon eine geraume Zeit mit den "Rückkehrern" die wieder Einzug in Deutschland halten. Nehmen wir uns mal den Wolf, welcher schon vorverurteilt und abgestempelt als das Sinnbild des Bösen persee einen schweren Stand hat.

Man hat Angst, dass der Wolf einem den Rang als Bestandsregulator streitig macht oder noch viel schlimmer, dass durch seine Rückkehr vielleicht noch herauskommt, dass die Natur den Menschen garnicht braucht und sich ganz gut selbst regulieren kann.

Der Mensch ist es seit jeher gewohnt an der Spitze der Nahrungskette zu stehen. Er hat das Bestreben alles und jeden zu regulieren. Die Kontrolle zu haben. Nun erdreistet sich der Wolf wieder zurück in seine alte Heimat zu kommen. Mühsam hat man ihn ausgerottet, seinen Ruf durch Märchen wie "Rotkäppchen und der böse Wolf" oder "Der Wolf und die sieben Geislein" systematisch durch den Dreck gezogen. Ja quasi Rufschädigung und Mobbing par excellencemit ihm betrieben.

Es wird behauptet, dass der Wolf das letzte Reh frisst und Weidetierhaltern ihre Existenzgrundlage nimmt.

Von Guido Meyer (https://naturdigital.online) habe ich gelernt, wenn man etwas behauptet dann ist es immer gut dies mit ganz banalen Zahlen zu untermauern. Oder noch besser wissenschaftliche Studien die mit Zahlen belegt sind zu benutzen.

Dann machen wir dies mal mit dem ach so bösen Wolf. (Guido, danke für Deine Zahlen)

1.400 Wölfe in Deutschland gegenüber 436.000 Hobbyjägern mit gigantischen und von Jahr zu Jahr wachsenden Jagdstrecken.

Was fressen unsere Wölfe in Masse gesehen? Das Senckenberg-Forschungsinstitut in Görlitz hat 10 Jahre lang 2.000 Mageninhalte von Wölfen analysiert (hier wurde jeder verunfallte/tote Wolf eingeliefert) und lieferte uns wissenschaftliche Daten.


Rehe 52,2%, gefolgt von Rothirsch 24,7% und Wildschweinen 16,3%. Einen geringen Anteil machen Hasen mit knapp 3,4% aus, Damhirsch 1,5%, Mufflon, Ratten, Waschbär zusammen 1.3%, Weidetiere ca. 1.6%., Großmütter 0.0%.

Ein Adult-Wolf braucht max. 3 Kg Fleisch/Tag. Die Jungwölfe und Welpen setzen wir zur Vereinfachung nachfolgender Rechnung im Bedarf hoch, also auch hoch auf 3 kg Tagesbedarf. Das sind dann derzeit 4.200 kg Fleischbedarf täglich. Bis hierhin sind es wissenschaftliche Daten/Fakten, also Messungen.


Nun der Versuch diese Zahlen annähernd in die Anzahl erlegter Wildtiere umzurechnen. Ausgehend vom Durchschnittsgewicht der jeweiligen Wildtiere. So wären das pro Jahr derzeit maximal ca. 39.000 Rehe, ca. 3.000 Rotwild, ca. 3.500 Wildschweine, ca.16.000 Hasen, ca. 450 Damwild.

Achtung, nochmal, das sind keine wissenschaftlichen Zahlen, zumal im Gewicht der Wildtiere auch die Skelettknochen verrechnet sind, die vom Wolf aus selektierten Tiere wahrscheinlich auch eher leichter als der Durchschnitt (zB durch Krankheit) waren. Selbst wenn wir großzügig rechnen und noch einmal aufrunden, kommen wir nicht mal ansatzweise an die jährlichen Zahlen der Jägerschaft und ihren protokollierten Jagdstrecken (hier 2022): 1.3 Mio Rehe, 75.000 Rotwild, 780.000 Wildschweine, 217.000 Hasen (rote Liste), 68.000 Damwild, ca. 34 Menschen (Jagdunfälle). Auch wenn alle Territorien Deutschlands eines Tages besetzt sind, werden diese Zahlen nicht mal annähernd erreicht. Warum nicht? Weil es die Natur nicht vorsieht!

Jagd reguliert nicht, sie erhöht die Population, Natur und Wolf hingegen nicht. Deutschland hätte weniger Wild und gesündere Wildvorkommen, damit gesündere Wälder.

Um bei den Zahlen zu bleiben schauen wir mal kurz auf die Weidetierhalter denen der Wolf ihre Existenzgrundlage nimmt und gefühlt ist jeder Weidetierhalter im Haupterwerb tätig. Hier anhand der Schafhaltung.

2020 wurden nach Angaben des Statistischen Bundesamts in Deutschland etwa 19.900 Schafhalterinnen und -halter gezählt. Welche davon hauptsächlich ihr Geld mit Schafen verdienen, wird in der Agrarstrukturerhebung jedoch nicht erfasst.
Der Deutsche Verband der Berufsschäfer e. V. hat daher festgelegt, dass Betriebe mit mehr als 300 Mutterschafen (höchstwahrscheinlich) Haupterwerbsabsichten haben. Nach dieser Definition gab es 2020 in Deutschland 925 beziehungsweise 4,6 Prozent Haupterwerbsschäfereien. Diese hielten 52 Prozent aller Schafe.

Wolf Biodiversität.jpg

Laut DBBW kam es im Jahr 2022 zu 1136 Übergriffen, bei denen 4.366 Tiere – darunter 3.778 Schafe – Schaden genommen haben.

Dass hört sich jetzt nach sehr viel Schafen an, die durch den Wolf umgekommen sind. Jetzt nehmen wir aber mal die Zahlen des Statistischen Bundesamts zur Hand:

Die Zahl der Schafe in Deutschland lag zum 3. November 2023 gemäß der endgültigen Ergebnisse bei rund 1,6 Millionen.

Dann nehmen wir mal die 1,6 Mio. Schafe die es 2023 in Deutschland gab und ziehen davon mal 3.778 Schafe ab die durch den Wolf geschädigt, also nicht mal getötet wurden. Ich gestehe, dass ich das Ergebnis mehrfach nachgerechnet habe. Es sind genau 0,24 % (sogar extra aufgerundet) Schafe die im Jahr vom Wolf "geschädigt" werden. Nehmen wir jetzt mal noch das letzte Reh dazu, okay die 39.000 Rehe welche jährlich durch Wölfe gerissen werden (sprich alte, kranke, verletzte oder schwache Jungtiere) und vergleichen diese mit den 1,3 Millionen Rehe die jährlich durch Jäger geschossen werden, kommen wir auf 3% von dem was durch Jäger ums Leben kommen (gesunde, vitale, starke Rehe).

Auch wenn mein Vater Mathelehrer gewesen ist, bin ich zwar kein Mathegenie, aber ich merke trotzdem recht schnell, dass an der Theorie das der Wolf den Schafhaltern, wovon gerade mal 4,6 % im Haupterwerb sind, ihre Existenz nimmt und dem Jäger das letzte Reh klaut, nicht sehr viel dran ist.

Wie man sieht habe ich mir Guido zum Vorbild genommen und keine Vermutungen aufgestellt, sondern Zahlen und Fakten, sogar das Statistische Bundesamt, zu Rate gezogen um am Beispiel des Wolfs aufzuzeigen, dass an der Angst vor ihm als Existenzkiller und Auslöscher des gesamten Rehbestands nichts dran ist.

Nun kommen wir mal zur Artenvielfalt zurück. Der Wolf gilt zum Beispiel im Yellowstone Nationalpark als der "Super-Ökologe". Er ist der effektivste Jäger und sorgt für einen vitalen Wildbestand und dafür, dass Ökosysteme natürlich im Gleichgewicht gehalten werden.

Im Gegensatz zum menschlichen Jäger, der ein erlegtes Tier immer aus dem Wald nimmt und keiner sonst davon profitieren kann, frisst der Wolf meist nicht die gesamte Beute auf einmal. Die verstreuten Kadaverteile bedeuten für viele Aasfresser eine lebenswichtige Nahrungsquelle und bilden somit für viele Organismen notwendige ökologische Nischen. Mit der Anwesenheit des Wolfes wird das Nahrungsnetz grösser, da die Nutzniesser wiederum eine Nahrungsgrundlage für andere Tiere darstellen. Auch werden viele Destruenten (Bakterien, Pilze, Würmer) das restliche Aas zersetzen und aus dem toten Material wieder anorganische Stoffe (sehr nährstoffreiche Erde) erzeugen, die wiederum eine Grundlage für viele Pflanzen ist.

Hier ein kurzes Beispiel:  Ökologische Nahrungskaskade am stark vereinfachten Beispiel Wolf-Wild-Pflanzen

Situation A  ohne Wolf:

  • Der Wildbestand ist sehr hoch und schadet der Vegetation

  • Die Nahrung wird für viele Pflanzenfresser knapp

  • Das Wild muss durch menschliche Jagd reguliert werden

 

Situation B mit Wolf:

  • Der Wildbestand wird natürlich reguliert, die Population wird kleiner und verteilt sich besser

  • Der Wildbestand wird gesünder und vitaler

  • Die Vegetation kann sich erholen und bietet genügend Nahrung für viele Pflanzenfresser

  • Die Biodiversität vergrössert sich

  • Langfristiges ökologisches Gleichgewicht

Rekapitulieren wir das Ganze mal:

Durch den Wolf wir der Wildbestand natürlich reguliert, die Population wir kleiner, verteilt sich besser. Der Bestand wir gesünder und vitaler zugleich, die Vegetation kann sich erholen und dadurch bietet diese widerrum ausreichend Nahrung für viele Pflanzenfresser. Die Biodiversität vergrößert sich und wir erhalten ein dauerhaftes ökologisches Gleichgewicht.

Nun gibt es ja auch Jagdhunde die durch den Wolf getötet werden und zufällig ging es in Folge 28 des Wolfpodcast u.a. um den Fall des getöteten Jagdterriers in Brandenburg und auch hier konnte Guido mit Hilfe von schwarz auf weiß belegten Zahlen belegen, wie gering doch die Zahl der durch einen Wolf getöteten Jagdunde ist.

 

Unabhängig davon ob die Tötung der Jagdhunde durch Eigenverschulden des Jägers z.B. durch das Schnallen eines Jagdhundes (Nach dem Schnallen hetzt der Hund das kranke Stück so lange, bis es sich stellt und er das Stück niederziehen und abwürgen kann.) verursacht wurde. Also der Hund mit dem Wissen dass er in einem Wolfsgebiet von der Leine gelassen wird trotzdem geschnallt wurde.

Statistik Jagdhundunfälle.jpg

Hier sieht man mal im Vergleich eine Schadensstatistik für Jagdhunde aus Schweden, welche mit Deutschland durchaus vergleichbar ist.

Im Jahr 2018 waren es 719 Jagdhunde die verunglückt sind. Schaut man sich die Statistik an sieht man, dass gerade mal 6 Jagdhunde durch Wölfe  getötet wurden.  Dass macht 0,83 % durch den Wolf verursachte Jagdhundunfälle.

Da finde ich die Zahlen derer welche durch Straßenverkehr/Eisenbahn oder gar Wildschweine getötet wurden deutlich höher.

Unabhängig davon dass Jagdhunde während der Jagd einfach mal so verschwinden (4 Stück).

Wenn man weiß, dass für jeden Hundehalter dieser ein Familienmitglied darstellt, nimmt man also billigend in Kauf, dass im Jahr zwischen 700 und 800 Familienmitglieder überfahren werden, ertrinken, erschossen werden oder durch andere Wildtiere getötet werden. Nicht zu vergessen die Familienmitglieder welche einfach mal so im Wald verschwinden.

Alleine am Beispiel Wolf sehen wir, dass der Ruf und die damit verbundenen Forderungen der Bestandsregulierung völlig an den Haaren herbeigezogen sind. Denn egal welche Statistiken man sich vornimmt, sei es das Weidetier oder der Jagdhund, sieht man schnell, dass der Wolf völlig zu Unrecht als Hauptbeschuldigter in den Fokus rückt. 

Warum aber hat man dann so Angst davor den Wolf in seine alte Heimat zurückzulassen, ihm den ihm angestammten Platz in der Nahrungskette zurückzugeben?

Man müsste zugeben, dass die Natur sich selbst besser regulieren kann als es der Mensch je tun könnte. Egal wieviele Berufs- und Hobbyjäger es auch in Deutschland gibt.

Doch nochmal zurück zum Thema Artenvielfalt.

Egal welches Wildtier wieder versucht in Deutschland heimisch zu werden, wobei dass ja eigentlich auch der falsche Ausdruck ist, denn all diese Wildtiere waren ja schonmal bei uns heimisch, versucht der Mensch sofort deren Wiederansiedlung entweder zu verhindern oder diese gleich durch Bestandsregulierung unter seine Kontrolle zu bekommen.

Es ist auch relativ welche der Tierarten ich mir hier vornehme. Sei es der Wolf und der Luchs, wobei hier ja noch hinzu kommt, dass man z.B. im Schwarzwald bereits Wölfe hat die sich natürlich angesiedelt haben und den Luchs wieder ansiedelt obwohl man genau weiß, dass beide Spitzenprädatoren sind, beide einen recht hohen Fleischbedarf haben und beide nicht gerade kleine Territorien aufweisen. Oder unter den Pflanzenfresser das Wisent welches in einem Projekt am Rothaarsteig wieder angesiedelt wird.

Auch hier werden sofort Ängste geschürt, dass es zu einem hohen wirtschaftlichen Schaden kommt, wenn Wisent, Elch & Co. die Wälder nach ihren Bedürfnissen "umbauen". Dass es zu großen Verbissschäden kommt und man dadurch zu wenig Bäume für wirtschaftliche Zwecke nachziehen kann.

Es werden sofort Äußerungen getroffen wie: "Wildschweine kann ich jagen, wenn sie Probleme machen«, schimpft Feldmann-Schütte. Bei Wisenten geht das nicht, weil sie streng geschützt sind. Dabei geht es hier um meine Lebensgrundlage."

Man weiß genau, dass Worte wie "Existenzgrundlage" oder sogar "Lebensgrundlage" bei den Menschen immer ziehen und den richtigen Nerv von Verständis und Mitleid treffen.

Dabei sagt man gerade dem Wisent nach, dass es eine "Schlüsselart" im Punkte der Artenvielfalt darstellt.

Durch ihre Huftritte reißt die geschlossene Pflanzendecke auf, wodurch sogenannte Mikrohabitate mit besonderen Bedingungen entstehen, in denen Pflanzen mit speziellen Ansprüchen wachsen können und damit zur Artenvielfalt beitragen. Eine diversere Pflanzengemeinschaft lockt verschiedene Arten von Bestäubern, wie Bienen und Schmetterlinge, an. Auch Kröten profitieren von diesen Huftritten, da sie diese zum Laichen nutzen können. So entstehen Kleinstrukturen, die Lebensraum und Nahrung für weitere Organismen schaffen.

Auch die Hinterlassenschaften der Wisente sorgen für biologische Vielfalt. Sie locken Mistkäfer und andere Zersetzer an. Diese wiederum sind Nahrung für Vögel und Fledermäuse. Über den Kot und das Fell der Tiere werden die Samen verschiedenster Pflanzenarten über weite Strecken getragen und so im Lebensraum des Wisents verteilt. Das Fell dient den Samen beim Keimen als Energielieferant und den Vögeln als Nistmaterial.

Um nur ein paar der positiven Effekte zu nennen, die durch die Anwesenheit der Wisente entsteht.

Nehmen wir den Elch, heißt es: Indem er selektiv bestimmte Pflanzen beweidet, wirkt er auf den Pflanzenbewuchs ein. So trägt der Elch zu einem strukturreichen und heterogenen Wald bei, in dem viele andere Arten die Bedingungen vorfinden, die sie zum Überleben benötigen. Somit können Elche einen positiven Beitrag zur Artenvielfalt leisten.

Nun könnte man die Liste derer welche zur Artenvielfalt und somit auch zu einen natürlichen Gleichgewicht in der Natur beitragen, endlos weiterführen. Das Problem dabei ist nur, dass man immer wieder am selben Punkt angelangt: dem Menschen der in der Rückkehr von Elch & Co. eine Gefahr für sich und seine Lebensgrundlage sieht.

Den Wildtieren wird erst garnicht versucht die Chance zu geben, sich zu beweisen. Zu zeigen, wie wichtig sie für unsere Artenvielfalt sind und dass man aus genau dieser auch unendlich viele positive Dinge ziehen kann.

Wir nehmen uns immer das Recht heraus zu entscheiden, was gut und was böse ist. Was existieren darf und in welcher Bestandsgröße dies akzeptabel ist. Wir handeln oft mit so einer Arroganz und Ignoranz dass ich mich für uns als Menschen oft schäme und schon des öfteren dazu hinreißen habe lassen zu sagen: "Ich wünsche der Natur, dass wir als Menschheit irgendwann wieder aussterben."

Sie sind gekommen um zu bleiben und jeder einzelne ihrer Art trägt zur Artenvielfalt und zu einem natürlichen Gleichgewicht bei.

Können wir dass von uns denn auch behaupten?

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